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VBVG 2025: Was kommt ab 2026 konkret auf dich zu?

Lesezeit
5
Minuten

Überblick:

Mit dem Anfang 2025 vom Bundestag beschlossenen Betreuervergütungsrechtsänderungsgesetz (oft kurz: „Vergütungsrechtsänderungsgesetz 2025“) steht nun eine umfassende Reform für Berufsbetreuer:innen in den Startlöchern. Auch wenn es bereits beschlossen ist, wird das neue Vergütungssystem voraussichtlich erst ab dem 1. Januar 2026 in der Praxis wirksam. Bis dahin gelten die bisherigen Vergütungsregelungen und der befristete Inflationszuschlag weiter.

Dieser Artikel zeigt dir, welche Änderungen dich erwarten, worauf du bei der Abrechnung achten solltest und in welchem Umfang du tatsächlich von den neuen Vergütungssätzen profitieren kannst.

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick

Die reformierte Vergütung für Berufsbetreuer:innen wurde in den vergangenen Jahren immer wieder gefordert, um den steigenden Kosten für Miete, Personal und Lebenshaltungskosten Rechnung zu tragen. Die letzte große Erhöhung stammt aus dem Jahr 2019. Seitdem ist viel passiert, unter anderem auch die Reform des Betreuungsrechts 2023, die einen erhöhten Arbeitsaufwand mit sich brachte.

Das neue Gesetz sieht unter anderem folgende Änderungen vor:

  1. Zwei statt drei Vergütungsstufen
    Die frühere „Vergütungsstufe A“ (für Betreuer:innen ohne formale Ausbildung) entfällt. Künftig unterscheidet das Gesetz nur noch zwischen einer „Grundstufe“ (z. B. für Personen mit allgemeinen beruflichen Kenntnissen, die nicht in die Qualifikationsstufe fallen) und einer „Qualifikationsstufe“ (für Berufsbetreuer:innen mit einer besonders geeigneten Ausbildung).
  2. Erhöhte Stundensätze
    Der Gesetzgeber plant eine durchschnittliche Anhebung um rund 12,7 % im Vergleich zu den alten Sätzen (Stand 2019). Rechnet man allerdings den derzeit befristet gewährten Inflationszuschlag mit ein, fällt das Plus etwas geringer aus.
  3. Wegfall separater Inflationszuschlag
    Der 2024/25 befristet eingeführte Inflationszuschlag von 7,50 € pro Fall/Monat wird ab 2026 fest in die neuen Vergütungssätze integriert. Dadurch hast du dann eine einheitliche Abrechnung ohne gesonderten Zuschlag.
  4. Orientierung an öffentlichen Tarifen
    Die Höhe der neuen Stundensätze wurde unter anderem mit Blick auf die Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst festgelegt. Achtung: Es handelt sich allerdings nur um eine einmalige Anpassung. Eine automatische „Kopplung“ an künftige Tarifabschlüsse wurde nicht ins Gesetz aufgenommen.
  5. Vereinfachte Abrechnungspraxis
    In Zukunft wird verstärkt mit sogenannten Dauervergütungsfestsetzungen gearbeitet, sodass Gerichte die Vergütung vermehrt für längere Zeiträume im Voraus beschließen können. Das soll Bürokratie abbauen.

Konkrete Zahlen: Das ändert sich ab 2026

Nach derzeitigem Stand können sich die neuen Stundensätze etwa so darstellen (Beispielwerte, anknüpfend an die Tabellen von 2019):

Vergütungsstufe Bisheriger Stundensatz (ohne Zuschlag) Neuer Stundensatz (ab 2026) Erhöhung in %
Grundstufe ca. 27,00 € ca. 30,50 € ~ 13 %
Qualifikationsstufe ca. 33,50 € ca. 37,50 € ~ 12 %
Wichtig: Wenn man den derzeitigen Inflationszuschlag (7,50 € pro Fall) berücksichtigt, fällt die tatsächliche Netto-Erhöhung geringer aus, da dieser Zuschlag 2026 nicht mehr separat ausgewiesen, sondern in den neuen Pauschalen aufgehen wird.

Beispielrechnung
Angenommen, du betreust einen Klienten oder eine Klientin in der Qualifikationsstufe mit einem monatlichen Aufwand von 3,5 Stunden.

  • Alt (reine Stundensätze 2019): 3,5 h × 33,50 € = 117,25 €
  • Neu (ab 2026): 3,5 h × 37,50 € = 131,25 €

Der rechnerische Unterschied liegt bei rund 14 € pro Monat. Das hört sich nach einem Zuwachs von etwa 12 % an. Wer jedoch bereits seit 2024 den Inflationszuschlag bekommen hat (ca. +7,50 € pro Fall), könnte real ein etwas geringeres Plus spüren.

Inkrafttreten und Übergangsfristen

Obwohl das Gesetz Anfang 2025 parlamentarisch beschlossen wurde, sollen die neuen Regelungen erst zum 1. Januar 2026 in Kraft treten. Damit will man einen nahtlosen Übergang sicherstellen, wenn der befristete Zuschlag ausläuft. Das bedeutet:

  • Bis Ende 2025: Du rechnest weiterhin nach den alten Sätzen ab (zuzüglich Inflationszuschlag).
  • Ab 1. Januar 2026: Der Zuschlag entfällt offiziell und die neuen, höheren Stundensätze gelten automatisch.
  • Für laufende Betreuungen musst du keinen gesonderten Festsetzungsbeschluss beantragen. Die Gerichte passen Dauervergütungsbeschlüsse von sich aus an oder erlassen einen neuen Beschluss.
  • Neue Betreuungen ab 2026 starten direkt im neuen System.

Auswirkungen auf deinen Berufsalltag

  1. Wirtschaftliche Verbesserung – aber mit Einschränkungen
    Die spürbare Erhöhung entlastet viele Berufsbetreuer:innen, weil sie zumindest Teile der gestiegenen Bürokosten und Lebenshaltungskosten kompensiert. Allerdings solltest du die neu entstehenden Betriebskosten und Steuerlast nicht vergessen. Unterm Strich bleibt natürlich weniger vom Bruttomehrerlös übrig.

  2. Individuelle Fallkonstellationen
    Die angepeilten 12,7 % sind ein System-Durchschnitt. Wer bisher in sehr niedrigen Stufen eingruppiert war, könnte überproportional profitieren. Andere, die überwiegend Spezialfälle haben und ggf. von gekürzten oder weggefallenen Fallpauschalen betroffen sind, könnten weniger stark zulegen oder im Einzelfall sogar leichte Einbußen erleiden.
    Tipp: Verlass dich nicht nur auf Durchschnittswerte. Kalkuliere genau, wie sich deine individuelle Fallstruktur auswirkt.

  3. Geänderte Abrechnung
    Prüfe, ob du ab 2026 korrekt in der Grundstufe oder der Qualifikationsstufe eingruppiert wirst. Die bisherige Stufe A existiert nicht mehr.
    Viele Abrechnungsprogramme stellen spätestens Ende 2025 ein Update bereit, das automatisch die neuen Stundensätze berücksichtigt. Warte nicht zu lange mit der Umstellung oder einem Software-Upgrade.

  4. Keine automatische Dynamisierung
    Zwar orientieren sich die neuen Sätze an den Tariferhöhungen des öffentlichen Dienstes der letzten Jahre, aber eine künftige Kopplung an die Tarife ist nicht vorgesehen. Wenn also die Löhne im öffentlichen Sektor weiter steigen, müsstest du dich erneut auf politische Verhandlungen und Gesetzgebungsverfahren verlassen, um eine weitere Anpassung zu erreichen.


    Kritische Betrachtung: Reicht das und was passiert ab 2026?

    Viele Berufsverbände (z. B. der Bundesverband der Berufsbetreuer/innen, bdb-ev.de) hatten eine deutlich höhere Anpassung gefordert. Es gibt weiterhin das Problem, dass die Anforderungen an Berufsbetreuer:innen seit der Betreuungsrechtsreform 2023 merklich gestiegen sind – gerade im Bereich der unterstützten Entscheidungsfindung, Dokumentation und Netzwerkarbeit.

    Die Politik hat zumindest zugesagt, die Wirksamkeit der Reform mittelfristig zu evaluieren. Es soll außerdem geprüft werden, welche Kosten und finanziellen Bedarfe für die professionelle Betreuung realistisch sind. Ob das automatisch weitere Gesetzesänderungen zur Folge haben wird, bleibt offen.

    Für dich als Berufsbetreuer:in bedeutet das:

    Du darfst dich auf etwas mehr Finanzspielraum freuen, sobald das Gesetz in Kraft tritt.
    Achte aber darauf, deine Mehreinnahmen realistisch zu planen und ggf. Rücklagen zu bilden.
    Sobald es in die Evaluationsphase geht, ist es sinnvoll, dich über Berufsverbände aktiv zu beteiligen.


    Finanzierung des Betreuungswesens über 2026 hinaus

    Eine dauerhafte, dynamische Finanzierung ist weiterhin ungeklärt. Organisationen wie die Lebenshilfe (lebenshilfe.de) haben klargestellt, dass die einmalige Anhebung allein nicht ausreicht, um die Qualität und Attraktivität des Berufs langfristig zu sichern.

    Die Bundesregierung hat zwar angekündigt, das Thema Betreuungswesen weiter im Blick zu behalten und den Finanzbedarf zu prüfen. Offizielle Beschlüsse oder Gesetzestexte, die automatisch eine nachhaltige Finanzierung verankern, existieren allerdings noch nicht.


    • Bundesministerium der Justiz (BMJ): www.bmj.de (dort findest du Gesetzestexte und Pressemitteilungen zum Vergütungssystem)
    • Bundestag: Suche nach den einschlägigen Bundestagsdrucksachen zur Vergütungsanpassung (z. B. BT-Drs. 20/… – je nach finaler Nummerierung) auf www.bundestag.de/dokumente.
    • Bundesverband der Berufsbetreuer/innen (BdB): bdb-ev.de – Stellungnahmen und Empfehlungen rund um die Vergütungsreform.
    • Bundesvereinigung Lebenshilfe: lebenshilfe.de – Forderungen und Positionen zur Finanzierung des Betreuungswesens.

    Hinweis: Alle in diesem Artikel genannten Daten und Termine entsprechen dem Stand nach Beschluss des Gesetzes im Jahr 2025. Änderungen während des weiteren Gesetzgebungs- und Evaluationsprozesses sind möglich. Erkundige dich daher am besten regelmäßig bei offiziellen Stellen oder Berufsverbänden, um auf dem neuesten Stand zu bleiben.

    Fazit:

    Ein wichtiger Schritt, aber kein Allheilmittel

    Die Erhöhung der Betreuer:innen-Vergütung ab 2026 ist ohne Frage ein wichtiges Signal und dürfte vielen Berufsbetreuer:innen finanziellen Spielraum verschaffen. Besonders zu begrüßen ist die schlankere Struktur durch den Wegfall der dritten Vergütungsstufe und die Entlastung im Abrechnungsverfahren.

    Allerdings zeigt sich beim genaueren Hinsehen, dass der tatsächliche Zugewinn individuell schwanken kann. Fehlende Dynamisierung und die unklare Finanzierungsperspektive über 2026 hinaus bleiben wunde Punkte. Insofern ist die Reform ein guter Schritt in die richtige Richtung, aber die nächste Diskussion um eine angemessene Betreuervergütung könnte schon bald wieder anstehen.

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