Bestattungspflicht: Diese Fallstricke solltest du kennen

Überblick:
Der Tod eines Betreuten wirft rechtlich und organisatorisch viele Fragen auf. Wer ist für die Bestattung verantwortlich? Was darfst du als Berufsbetreuer:in noch tun? Und wie vermeidest du persönliche Haftungsrisiken? Dieser Artikel erklärt die rechtlichen Grundlagen, typische Fallstricke und gibt dir konkrete Empfehlungen für den Fall der Fälle.
Rechtliche Grundlagen: Wer ist überhaupt bestattungspflichtig?
In Deutschland besteht grundsätzlich eine Bestattungspflicht – jede verstorbene Person muss bestattet werden. Diese Pflicht ergibt sich aus ordnungsrechtlichen Gründen und ist in allen Bundesländern gesetzlich verankert. Was bundesweit gleich ist: Es muss jemand die Bestattung veranlassen. Was unterschiedlich geregelt ist: Wer genau dazu verpflichtet ist.
In jedem Bundesland legen eigene Bestattungsgesetze fest, welche Personen in welcher Reihenfolge zur Bestattung verpflichtet sind – in der Regel: Ehegatt:in, Kinder, Eltern, Geschwister, weitere Verwandte.
Wichtig: Berufsbetreuer:innen gehören nicht zu dieser Rangfolge – es sei denn, sie sind selbst Angehörige.
Rechtlich endet deine Betreuung mit dem Tod der betreuten Person (§ 1899 Abs. 1 BGB). Ab diesem Moment entfällt dein Vertretungsrecht. Du bist nicht mehr befugt, im Namen des Verstorbenen zu handeln – und damit auch nicht berechtigt, Verträge abzuschließen.
Was du noch tun darfst (und sollst): Aufgaben nach dem Tod
Obwohl deine rechtliche Stellung mit dem Tod endet, erwartet das Betreuungsgericht in der Praxis bestimmte Abwicklungshandlungen:
- Sicherung der Wohnung und des Nachlasses
- Information der Angehörigen
- Benachrichtigung von Pflegekasse, Standesamt, Rententrägern
- Rückgabe von Betreuungsunterlagen
- Dokumentation aller Schritte
Diese Aufgaben gelten als „Nachwirkungshandlungen“. Sie dienen insbesondere dem Schutz des Nachlasses (§ 1698a BGB).
Fallstrick 1: Kostenübernahmeerklärungen
Ein besonders riskanter Moment: Ein Bestattungsinstitut sendet ein Formular mit der Bitte um Unterschrift. Was harmlos aussieht, kann gravierende Folgen haben.
Der VGH Mannheim hat entschieden: Wer als Betreuer:in eine Kostenübernahmeerklärung unterzeichnet, haftet persönlich – auch nach Ende der Betreuung.
Vermeide unbedingt folgende Formulierungen:
- „Ich übernehme die Kosten der Bestattung.“
- „Ich beauftrage die Durchführung der Bestattung.“
- „Ich bestätige die Übernahme im Namen des Betreuten.“
Nutze stattdessen distanzierende Formulierungen wie:
„Ich bin nicht bestattungspflichtig und trete hier nicht als Auftraggeber auf. Ich leite Ihr Angebot an mögliche Angehörige oder die Ordnungsbehörde weiter.“
Fallstrick 2: Fehlende oder zahlungsunfähige Angehörige
Sind keine Angehörigen auffindbar oder zahlungsbereit, muss das Ordnungsamt die Bestattung veranlassen. Wichtig ist, dass du deine Nachforschungen dokumentierst:
- Melderegisterauskünfte einholen
- Standesamt und ggf. Polizei einbinden
- Nachweise speichern und weiterleiten
So verhinderst du, dass dir eine Pflicht zur Bestattung unterstellt wird.
Fallstrick 3: Kein oder zu wenig Geld im Nachlass
Nicht selten reicht das Vermögen des Verstorbenen nicht aus, um die Bestattung zu bezahlen. Angehörige lehnen die Kostenübernahme ab, weil sie selbst mittellos sind – oder kein Interesse am Erbe haben.
Lösung: Antrag auf Sozialbestattung
In solchen Fällen kannst du oder die Angehörigen beim Sozialamt einen Antrag nach § 74 SGB XII stellen. Die Voraussetzung: Die bestattungspflichtige Person ist nicht leistungsfähig – und der Nachlass ist unzureichend.
Achtung: Der Antrag muss rechtzeitig gestellt werden, idealerweise vor oder unmittelbar nach der Beauftragung der Bestattung.
Tipp: Hilf den Angehörigen beim Formulieren – aber trete selbst nicht als Antragsteller:in auf.
Checkliste: Todesfall bei Betreutem
- Todesnachricht entgegennehmen und dokumentieren
- Wohnung sichern, Wertsachen erfassen, Türe kennzeichnen
- Angehörige und relevante Stellen informieren
- Nachlass sichern (nicht verwalten)
- Keinen Auftrag an Bestattungsunternehmen unterschreiben
- Bei fehlenden Angehörigen: Ordnungsamt informieren
- Alle Schritte schriftlich festhalten
Sonderfälle im Blick
Bestattungsverfügung und Bestattungsvorsorge:
Nicht selten existieren bereits Wünsche oder Regelungen des Verstorbenen. In einer Bestattungsverfügung kann festgelegt sein, wie und wo jemand bestattet werden möchte. Noch hilfreicher ist eine Bestattungsvorsorge, bei der bereits zu Lebzeiten ein Vertrag mit einem Bestattungsunternehmen abgeschlossen wurde – oft inklusive Kostenübernahme durch eine Sterbegeldversicherung. Wenn eine solche Vorsorge vorhanden ist, bedeutet das für dich als Betreuer: weniger Klärungsaufwand und geringeres Risiko.
💡 Wir werden das Thema Bestattungsvorsorge für Betreute demnächst ausführlicher im Magazin behandeln.
Religiöse und kulturelle Besonderheiten:
Achte darauf, ob es Hinweise auf den Glauben oder kulturellen Hintergrund der betreuten Person gibt.
- In der muslimischen und jüdischen Bestattungstradition ist eine schnelle Beisetzung (innerhalb von 24 Stunden) vorgesehen.
- Orthodoxe Christen haben feste Riten, wie etwa die Waschung des Leichnams oder besondere Totenwachen.
- Bei buddhistischen oder hinduistischen Betreuten kann der Wunsch nach Einäscherung und bestimmten Zeremonien bestehen.
Informiere frühzeitig die Ordnungsbehörde, wenn du solche Hinweise hast – oft können auch ehrenamtliche Seelsorgende oder Gemeindevertreter unterstützen.
Sterbegeldversicherung:
Viele Menschen schließen im Alter eine kleine Versicherung ab, um die Bestattung abzusichern. Auch hier gilt: Kontoauszüge, Policen und Vorsorgeunterlagen prüfen – oft findest du Hinweise im Nachlass oder bei den Unterlagen der Krankenkasse.
Anonyme Bestattungen:
Wenn keine Angehörigen da sind oder eine schlichte Beisetzung gewünscht wurde, kommt eine anonyme Bestattung infrage. Hier entscheidet in der Regel das Ordnungsamt – aber auch hier kann eine vorherige Verfügung Vorrang haben.
Fazit:
Verantwortungsvoll handeln
Als Berufsbetreuer:in trägst du in einem Todesfall keine Bestattungspflicht – aber du bist oft die erste Ansprechperson. Rechtssicherheit, Dokumentation und Zurückhaltung bei Auftragsbestätigungen sind deine wichtigsten Werkzeuge. Gleichzeitig ist es ein Moment des Innehaltens: Die Beziehung endet, aber dein Handeln wirkt nach. Du sorgst dafür, dass auch dieser letzte Schritt professionell, würdevoll und menschlich geschieht.
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